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Die Ortschaften an Tasmaniens Nordwestküste werden von flüchtigen Besuchern zumeist links liegen gelassen. Wer nur sieben Tage Zeit hat, den zieht es eher in den Cradle Mountain oder den Freycinet Nationalpark, nach Hobart und Port Arthur. Und wer nicht irgendwann noch einmal wiederkommt, wird wohl nie erleben, welche Reize die Nordwestküste zu bieten hat.
Es sind weniger die Superlative (größtes,
Heiligabend in Wynyard:Aus dem Lautsprecher unter den Arkaden des Lebensmittelmarktes in der Ortsmitte dudelt Popmusik, die Einwohner des rund 4500-Seelen-Ortes erledigen ihre letzten Besorgungen. In der Fisch-Imbissbude an der Mole herrscht am Mittag noch reger Andrang – für wenig Geld wird hier der Fang vom Tag verkauft, draußen lauert ein Schwarm Möwen darauf, dass etwas für sie abfällt.
Auch auf den Straßen ist es am Nachmittag für ein, zwei Stunden ruhig. Doch gegen 18 Uhr kehrt wieder Leben ein in Wynyard – in einer Stunde startet die große Christmas Parade. Da ist dann vom Kleinkind bis hin zum Opa alles auf den Beinen und trifft sich entlang der Hauptstraße. Die Stimmung ist ausgelassen, locker und kein bisschen weihnachtlich. Von der Straßenecke her hört man die ersten Töne – die örtliche Blasmusikkapelle führt den Umzug an, der ein wenig an ein deutsches Dorfjubiläum gewürzt mit einem Schuss Karneval erinnert. Aus Wynyard und den umliegenden Orten nehmen Gruppen, Einzelpersonen und Vereine teil. Es ist ein stattlicher bunter Zug, dem die Passanten am Straßenrand begeistert zuwinken: dem Minitruck mit einer Mini-Holzstamm-Ladung folgt eine Kutsche mit einem älteren Pärchen in historischer Kleidung, dann einige fein polierte Oldtimer und ein Wagen, auf dem kräftige Männer die Kunst des Schafe scheren demonstrieren. Die Feuerwehr fährt alles auf, was sie an alten und neuen Gefährten zu bieten hat, der örtliche Jugendclub, der Kindergarten, die Damen vom Kaffeekränzchen und die Kirchengemeinde, sie alle haben sich etwas einfallen lassen. Ach ja, gegen Ende kommt dann auch Santa Claus auf einem mit Rentieren und süßen Engeln im Teeniealter geschmückten Wagen vorbei – schließlich ist ja Heiligabend...
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Tags drauf, am Boxing Day, glaubt man, alle Einwohner hätten über Nacht plötzlich ihre Insel verlassen. Zu sehen sind nur wenige Menschen am australischen Nationalfeiertag, und nahezu alles hat geschlossen. Ideale Gelegenheit, die Landschaft zu erkunden. Der Wind treibt die Wolken schnell über den Fossil Bluff, einen an der Küste bei Wynyard liegenden Hügel, hinweg. Es ist frisch und wenn man den Blick über die Küstenlinie, den Strand und die hügelige Landschaft schweifen lässt, wird man bestätigen, womit Tasmanien gerne wirbt: nämlich die reinste Luft zu haben.
Wenige Kilometer weiter liegt das Table Cape, dessen makellos weißer Leuchtturm sich 25 Meter in die Höhe erhebt. Wer mag, kann hier einen Spaziergang entlang der Steilküste und/oder vorbei an einem der vielen Mohnfelder unternehmen. Im Nordwesten Tasmaniens wird seit einigen Jahren Mohn unter strengen Sicherheitsauflagen für medizinische Zwecke angebaut. Große Schilder und Stacheldrahtzaun warnen vor unberechtigtem Zutritt. Moonfelder, Weiden, Wiesen und kleinere Wäldchen wechseln sich ab, hin und wieder fallen schon von weitem riesige weiße Felder mit Kamille ins Auge, die sich markant vom Grün der Wiesen abheben.
Boxing Day in Boat HarbourEtwa zwölf Kilometer westlich von Wynyard lohnt ein weiterer Abstecher ans Meer. Schon der Blick von oben herab auf Boat Harbour ist vielversprechend: das Meer schillert von Hellblau über Türkis bis hin zu kräftigem Azur, dazu schneeweißer Sandstrand an einer malerischen kleinen Bucht, die zum Boxing Day gerade einmal von einer Handvoll Touristen bevölkert wird. Auch hier ist alles geschlossen, selbst in den Unterkünften, die heute Gäste erwarten, ist niemand zu sehen. Wer anreist, findet lediglich einen Briefumschlag mit Zimmernummer und Schlüssel vor.
Wie ausgestorben: StanleyDie hübschen, gepflegten alten Häuser in der Ortsmitte wirken allesamt verlassen, keine Menschenseele ist am Boxing Day zu sehenund die zwei Pkw und das eine Motorrad, die den kurzen Scenic Drive den Hügel vor Stanley hinauf nehmen, gehören Touristen. Der Abstecher lohnt, denn hier stehen grasen die Reste der ersten englischen Siedlung, die 1826 hier von der Van Diemens Land Company gegründet wurde. Von hier oben hat man außerdem einen prima Blick auf den Ort und The Nut. Den 143 Meter hohen Tafelberg kann man entweder zu Fuß erklimmen oder aber per Sessellift erreichen – allerdings nicht am Boxing Day, da steht nämlich offenbar das gesamte öffentliche Leben still.
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