Spektakuläre Schluchten in den wilden "Weißen Bergen"

Sfakia: Europas südlichster Teil / Samaria: Europas längste Schlucht /
Wanderung in der Imbros-Schlucht

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Kaum eine Region Kretas ist so wild, einsam und isoliert wie südlich der Lefka Ori, der "Weißen Berge". Der imposante Gebirgszug im Westen der Insel steht dem mächtigen Ida-Massiv in Zentralkreta kaum an Gewaltigkeit nach. Die Landschaft der Region Sfakia ist in weiten Teilen noch ursprünglich. Landwirtschaft gibt es lediglich auf den Hochebenen von Anopolis und Askifou und nur wenige Orte liegen in der Lefka Ori. Selbst an der Küste finden sich nur wenige Dörfer, die zum Teil nur per Schiff zu erreichen sind. Grund ist die Topografie, denn zum einen reichen die "Weißen Berge" zumeist bis direkt ans Lybische Meer und lassen kaum Platz für Ansiedlungen, zum anderen durchziehen tiefe Schluchten die kargen Bergzüge. Von den rund 100 Schluchten Kretas liegen mehr als 30 in der Sfakia.

Geographische Besonderheiten

Einen guten Überblick über die Region gibt die offizielle Website des Bezirks Sfakia. Wie prägend die "Madares", wie die "Weißen Berge" von den Einheimischen auch genannt werden, für die Region sind, ist hier nachzulesen. Sie isolieren die Region und bescheren ihr eine klimatische Besonderheit: der Frühling kommt hier früher und der Herbst dauert länger, weil die Berge die Sfakia vor den kühlen Nordwinden schützen. Und hier ist einer der wenigen Orte, wo man manchmal noch im Juni in einer der Buchten in der Sonne liegen und den Schnee auf den über 2000 Meter hohen Berggipfeln betrachten kann. Übrigens ist die Sfakia Europas südlichster Teil.

Küstenlandschaft bei Komitades
















Samaria-Schlucht

Der Gebirgszug der "Weißen Berge" ist durchzogen von unzähligen Schluchten. Die wohl bekannteste ist die Samaria-Schlucht – mit rund 15 Kilometern die längste Europas. Sie liegt am westlichsten Ende des Omalos-Plateaus. Tausende Touristen durchwandern sie jedes Jahr, und kaum ein Veranstalter hat die Tour nicht im Programm. Es ist für viele bequemer, die Wanderung im Pauschalpaket einschließlich Hin- und Rückfahrt zu buchen, denn auf eigene Faust ist es eher schwierig, an einem Tag zum Ausgangspunkt hin und vom Endpunkt zurück zu kommen. Die gut 18 Kilometer lange und etwa siebenstündige Wanderung beginnt unterhalb der Ortschaft Omalos am Fuß des 2080 Meter hohen Mount Gingilos und endet in Agia Roumeli am Lybischen Meer, das lediglich mit der Fähre zu erreichen ist. Die Samaria-Schlucht ist üblicherweise nur von Mai bis Ende Oktober begehbar und steht als Nationalpark unter Schutz. Trittsicherheit und festes Schuhwerk sind erforderlich.

Die Wanderung beginnt mit einem steilen Abstieg vom Omalos-Plateau über einen steilen Pfad, die »Xiloskalon« (Holzleiter), etwa 800 Meter hinunter in die obere Schlucht. Etwa auf halber Strecke liegen die Überreste des verlassenen Dorfes Samaria. Die Einwohner mussten im Dezember 1962 ihre Häuser verlassen, als die Schlucht unter Schutz gestellt wurde. Das Dorf entstand im frühen 14. Jahrhundert. Auch verschiedene verlassene Kapellen sind in der Schlucht zu sehen. Am »Iron Gate«, der engsten Stelle, ist die Schlucht nur knapp drei Meter breit und die Felswände ragen seitlich mehr als 300 Meter auf. Später weitet sich das Tal, und auf den letzten, nahezu schattenlosen Kilometern erreicht man Agia Roumeli in einer weiten Bucht. Nachmittags herrscht in den Tavernen des Ortes Hochbetrieb, bevor die müden Schluchten-Wanderer auf die Fähren strömen.

Panoramablick über die Imbros-Schlucht
















Imbros-Schlucht

Eine weniger aufwändige Schluchtenwanderung, was die An- und Abfahrt anbelangt, ist die Imbros-Schlucht. Der AusgangspunktStraße oberhalb der Imbros-Schlucht im gleichnamigen Dorf ist vom Norden Kretas gut mit dem Auto oder Linienbus zu erreichen, und auch vom Endpunkt in Komitades kommt der Wanderer wieder zu seinem Fahrzeug zurück. Die Straße, die Vrises an der New Road an der Nord- und Chora Sfakion an der Südküste verbindet, ist die wichtigste Nord-Süd-Achse des Bezirks. Noch bis in die 60-er Jahre soll es lediglich einen Maultierpfad durch die Imbros-Schlucht an die Südküste gegeben haben. Heute windet sich die Straße in etlichen Serpentinen und Kehren entlang der Schlucht von Imbros hinunter zur Küste. Immer wiederCafé hoch über der Imbros-Schlucht bieten sich tolle Ausblicke in die Imbros-Schlucht. Empfohlen sei ein kurzer Stopp an dem verwegen aus Holz an den Abgrund gebauten Café, wo der gast quasi freischwebend über der Schlucht sitzt. Anhalten am Straßenrand ist nicht ratsam, denn kommt ein Bus um die Kurve, könnte es eng werden.

Sichtbare Erdgeschichte in der Imbros-Schlucht Obwohl sie zu den eindrucksvollsten Schluchten zählt, ist die Imbros-Schlucht eine der am einfachsten zugänglichen Südkretas. Sie misst an der engsten Stelle gerade einmal zwei Meter und die Felswände ragen hier rund 300 Meter und mehr auf. Außerdem präsentiert sich das Gestein hier wie ein aufgeschlagenes Geologie-Buch, lassen sich im Fels doch sehr gut die verschiedenen Sediment- und Gesteinsschichten erkennen. Einige mehr oder wenigerDurch Felsspalten: Imbros-Schlucht großen Höhlen sind zu sehen und verwegene Felsformationen regen die Phantasie an. Auch was die Flora angeht, lässt sie das Botanikerherz höher schlagen, denn einige seltene endemische Pflanzen haben in der Imbros-Schlucht ihr Refugium gefunden. Neben Eichen und Zypressen wachsen hier wilde Feigenbäume, Ginster, Alpenveilchen oder Schlangenwurz.

Vielfältige Vegetation in der Imbros-Schlucht
















Imbros-Schlucht: Die Wanderung

Einsam ist man während der Hauptsaison bei seiner etwa acht Kilometer langen Wanderung durch die Imbros-Schlucht sicherlich nicht, denn auch sie steht bei vielen Touranbietern aufLandschaft in der Imbros-Schlucht dem Ausflugsprogramm. Wer jedoch mobil ist, kann die etwa zwei- bis zweieinhalbstündige Wanderung (abwärts) durchaus auf eigene Faust unternehmen – und je später die Saison fortgeschritten ist, um so weniger Betrieb herrscht auf der Strecke. Die Wanderung lässt sich übrigens auch in umgekehrter Richtung begehen. Da die Imbros-Schlucht das ganze Jahr über kein Wasser führt, sollte auf jeden Fall ausreichend Trinkwasser mitgeführt werden. Auch ist festes Schuhwerk angeraten, denn in weiten Teilen geht es über grobes Geröll am Schluchtgrund.

Im Dorf Imbros weist ein großes Schild den Weg zur Imbros-Schlucht
















Weg im oberen Bereich der Imbros-Schlucht Direkt neben einer Taverne am Dorfplatz von Imbros steht eine große Info-Tafel. Hier zweigt ein Weg ab, der zunächst leicht bergab an Feldern vorbei zu einem ausgetrockneten Flussbett führt. Hier weist ein Schild nach rechts auf den rechten Weg in die Schlucht. Nach etwa 500 Metern stößt rechts von der Hauptstraße ein steiler und mit Höhle im oberen Bereich der Imbros-SchluchtHolzgeländer gesicherter Pfad dazu – ein zweiter möglicher Einstieg in die Schluchtenwanderung. Wenige Schritte weiter kommt man zu einem kleinen Steinhäuschen, wo der Eintritt (im Oktober 2005 betrug dieser zwei Euro) kassiert wird. Das Ticket sollte man aufbewahren, da es möglicherweise etwa auf halbem Weg kontrolliert wird.

Weg zur Imbros-Schlucht
















Ein Teil der alten Pflasterung ist erhalten Zunächst führt der Weg auf dem recht breiten Talgrund über Geröll hinweg sanft bergab. Rechts oben ist eine Höhle im Fels zu sehen, ein Stückchen darüber ist auch die Straße zu erkennen. Dann rücken die Felswände näher zusammen, weiten sich gelegentlich wieder, um sich später noch dichter an den Pfad zu drängen. An einigen Stellen ist noch die alte Pflasterung zu sehen. Der Weg wird von Bäumen und Sträuchern gesäumt, hin und wieder wurden Abfallkörbe installiert. Gebimmel dringt ans Ohr des Wanderers und lenkt den Blick auf frei in der Schlucht umherziehende Ziegen.

Keine zwei Meter breit: schmalste Stelle der Imbros-SchluchtNach etwa einer Dreiviertelstunde Gehzeit schlängelt sich der Pfad durch einen schmalen Durchlass. Streckt man die Arme seitlich aus, lassen sich links und rechts die Felsen berühren – die engste Stelle der Schlucht ist erreicht. Kaum ein Sonnenstrahl gelangt von oben hier herunter. Das Gestein ist von schiefergrauen und schwarzen Streifen durchzogen.

Picknickplatz mit kuriosem Kiosk in der Imbros-Schlucht
















Ziege in der Imbros-Schlucht Etwa nach der Hälfte des Weges wird das Gebimmel wieder lauter – etliche Ziegen tummeln sich um einen Picknickplatz, der bei Meso Farango an einem Wasserreservoir venezianischen Ursprungs errichtet wurde. Ein Holzverschlag dient als Kiosk, ist aber nicht immer besetzt. Wohl aber lohnt sich ein genauerer Blick, denn die Bretterbude ist mit allerlei Kuriositäten Kurioser Kiosk-Schmuckverziert: Tierschädel, Käppis, Visitenkarten und mehr. Im Umfeld von Meso Farango fanden einst die Bewohner in Höhlen Zuflucht. Wenig später fällt ein riesiges Felsentor ins Auge, geschaffen von der Natur und sehr fotogen. Auch lockt eine Höhle nah am Weg, für eine Erkundung des dunklen Loches im Fels ist Fotogen: Felsentor in der Imbros-Schluchtjedoch eine Taschenlampe erforderlich. Bald schon weitet sich die Schlucht wieder und die Wanderung geht dem Ende entgegen. Beim ersten Gehöft, das erreicht wird, wird nicht nur für ein kühles Getränk, sondern auch massiv für einen Pick-up-Transport zurück nach Imbros geworben. Geht man jedoch weiter, weisen handbemalte Tafeln den Weg nach Komitades.

Blume auf Fels in der Imbros-Schlucht
















Komitades

Werbeschilder zeigen das Ende der Imbros-Schlucht an Vom offiziellen Ausgang der Imbros-Schlucht sind es nur wenige hundert Meter über einen durch Bruchsteinmauern eingefassten Weg um den Hügel herum bis zum Ort Komitades. Dieser liegt rund 200 Meter über der schmalen Küstenebene, und von hier kann man am Horizont die Insel Gavdos im Lybischen Meer sehen. Der kleine, weniger als 100 Einwohner zählende Ort ist ein Straßendorf an der Haus in KomitadesStrecke von Chora Sfakion – Frangokastello. Die meisten Einwohner betreiben eine Taverne oder verdienen sich als Taxifahrer, die Wanderer hinauf nach Imbros chauffieren. Wer Ruhe sucht, kann sich in Komitades auch einquartieren. Mittelpunkt des Ortes ist eine weiß getünchte Kirche. Einige Häuser sind verfallen, in den Hügeln unweit der Kirche sind einige Höhlen zu sehen.

Kirche in Komitades














Chora Sfakion

Gut einen Kilometer westlich von Komitades stößt die Nebenstrecke auf die Hauptstraße: rechts geht es hinauf Richtung Imbros, zweigt man links ab, kommt man nach Chora Sfakion, dem kleinen Verwaltungszentrum der gleichnamigen Region und Fährhafen, von dem aus die Küstenorte zu erreichen sind. Etwa 500 Einwohner zählt der Ort.

Von Chora Sfakion aus hat der Autofahrer die Möglichkeit, über Komitades auf der Panoramastraße entlang der Küste in östlicher Richtung zu fahren und via Frangokastello nach Plakias zu gelangen. Mehr über diese Region ist auf der Globetrotter-Seite mit dem Titel »Schluchten und Strände, Kastell und Klöster« nachzulesen. In westlicher Richtung endet die Straßenverbindung von Chora Sfakion via Anopolis und Aradena in Agios Ioannis. Bei Aradena liegt eine weitere Schlucht, die durchwandert werden kann: die Aradena-Schlucht. Schließlich bleibt noch die Fahrt auf der Hauptstraße von Chora Sfakion in Richtung Norden.

Asfikou-Ebene mit Ruine eines türkischen Kastells
















Askifou-Ebene

Iunzähligen Serpentinen und Kehren schraubt sich die Straße hinauf und windet sich an den westlichen Hängen oberhalb der Imbros-Schlucht entlang – eine der reizvollsten Strecken Kretas – hoch in die Askifou-Ebene. Auf einer Höhe von rund 750 Metern leben in den Weilern der fruchtbaren Ebene rund 700 Einwohner. Land- und Viehwirtschaft sowie die Herstellung von Käse, Wein und dem kretischen Raki (Sighoudia) sind die Haupterwerbszweige. Neben Getreide- und Kartoffelfeldern wachsen in der Askifou-Ebene auch Walnuss- und Obstbäume. Der Name Askifou geht zurück auf ein altes Skifos-Wort, was soviel bedeutet wie Tasse – wohl weil die runde Ebene einer solchen gleicht. Folgt man der Straße von Amoudari in Richtung Kares sieht man rechter Hand auf einem Hügel die Ruine eines alten türkischen Kastells. Über einen Pass geht es nun nordwärts auf kurviger Strecke durch hügeliges, einsames, wohl aber bewirtschaftetes Gelände. Rund 40 Kilometer nach Start in Chora Sfakion mündet die Straße bei Vrises in einer waldreichen Landschaft in die New Road.

Landschaft an der Mündung der Imbros-Schlucht
















Informationen:

Nähere Informationen über den Bezirk Sfakia sowie die Samaria- und die Imbros-Schlucht gibt es im Internet zum Beispiel unter folgenden Adressen:

Sfakia (Website des Bezirks Sfakia)
Kreta-Reise-Info (Beschreibungen über Orte im Bezirk Sfakia)
West-Kreta (Website mit Infos über die Regionen Westkretas)
Sfakia (private Website mit Infos zur Imbros-Schlucht)
Sfakia (Wikipedia-Eintrag zur Imbros-Schlucht)

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