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Mardin ist Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Die Stadt zählt rund 70.000 Einwohner und hat eine lange, wechselvolle Geschichte. Erste christliche Besiedlungen sind ab dem 5. Jahrhundert nachweisbar. Laut Imagebroschüre des türkischen Tourismusministeriums wurde Mardin um 2850 v.Chr. vermutlich von den Sumerern gegründet. Sumerer, Babylonier, Hethiter, Assyrer, Urartäer, Perser, Emeviden, Abassiden und Artuken herrschten hier.
![]() Die Altstadt erhebt sich aus einem wenig attraktiven Umfeld mit Trabantenstädten und Militärgelände heraus. Über ihr sind die Reste der Hamiden-Zitadelle aus dem späten 10. Jahrhundert zu sehen. Das Gelände um die Bergkuppe ist jedoch nicht zugänglich, weil hier Radaranlagen der Nato postiert sind. Immerhin ist die Stadt in Grenznähe zu Syrien, dem Iran und dem Irak militärstrategisch günstig gelegen. ![]() ![]() ![]() Moscheen und MedressenIn der Altstadt sind viele alte, mit Ornamenten verzierte Steinhäuser zu sehen. Die Stadt ist berühmt für ihre Baudenkmäler, darunter eine stattliche Zahl assyrischer und arabisch geprägter Häuser, Minarette ragen wie Finger aus dem Gassengewirr empor. Die Ulu-Moschee (Große Moschee) aus dem 11. Jahrhundert ist die älteste der Stadt. Aus etwa derselben Zeit stammt die Gabriel-Moschee, die unter Artukenherrscher Kutbeddin Ilgaz errichtet wurde.![]() Zwei Medresen (theologische Internate, in denen unter anderem auch islamisches Recht gelehrt wurde) zählen zu Mardins Sehenswürdigkeiten: Die Kasim Pascha Medrese aus dem 15. Jahrhundert, einmalig wegen ihrer feinen Steinbearbeitung, und die Isa Bey-Medrese aus dem 14. Jahrhundert mit einem gemeißelten Tor. ![]() ![]() ![]() Tur AbdinUnter dem Begriff Tur Abdin ist eine Berglandschaft zwischen Mardin und Midyat im Südosten der Türkei zu verstehen. Der so genannte »Berg der Knechte« zählte einst mehr als 80 Klöster und 33 wohlhabende Dörfer – ein Zentrum der syrisch-orthodoxen Christen. Verfolgung, politischer Druck und wirtschaftliche Not hatten vor allem im 20. Jahrhundert eine Massenemigration zur Folge. Viele syrisch-orthodoxe Christen kamen in den 1960er Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland. Heute sind im Tur Abdin nur noch sechs Klöster aktiv, darunter Deir Zaferan und Mar Gabriel.![]() Schmuckstadt – schmucke StadtAAuf der oberen Hauptstraße der Altstadt in Mardin fallen erstaunlich viele Schmuckgeschäfte auf. In Mardin soll es viele traditionelle Kunsthandwerker geben, die filigran bearbeiteten Silberschmuck herstellen. Auch andere traditionelle Handwerke sind zu finden - etwa der Seifenmacher, der in seinem kleinen Laden selbst produzierte Pinien- und Mandel-Seife anbietet und stolz auf Zeitungsausschnitte über ihn an der Wand zeigt. In kleinen Läden an der Hauptstraße![]() ![]() Reiseleiter berichten Mardin-Besuchern jene Anekdote von Eseln, die bis vor kurzem noch beamtet waren und für ihre Arbeit im Reinigungsdienst wie ihre Halter Gehalt vom Staat bezogen. Vor einigen Jahren sollen sie in Rente gegangen sein. Permanente ProvokationDie Aussicht von der Altstadt in die mesopotamische Ebene ist beeindruckend – vor allem nachts, wenn verstreut die Lichter der Dörfer funkeln. Bei klarer Sicht reicht der Blick bis ins nur knapp 25 Kilometer entfernte Syrien.![]() ![]() Kloster Deir ZaferanEtwa fünf Kilometer südlich von Mardin befindet sich das Kloster Deir Zaferan(auch Deir Al-Zaafan, Ananias-Kloster oder »Safran-Kloster« genannt). Es gilt als eines der wichtigsten Klöster der syrischen Jakobiten (Assyro-Aramäer, Suryoye, Süryani) und war von 1293 bis 1932 Sitz des Patriarchen von Antiochien der syrisch-orthodoxen Christen. Der Patriarch residiert seit 1959 in Damaskus. Mardin/Deir Zaferan ist heute neben Diyarbakir, Adiyaman, Istanbul und Ankara Bischofssitz. Aktuell (im April 2007) ist der 43-Jährige Bischof Filuxinus Saliba Özmen Metropolit. Spache der christlichen Gemeinde ist aramäisch, was als Muttersprache Jesu gilt.![]() Das Kloster wurde 493 n. Chr. gegründet und auf einem vermutlich heidnischen alten Tempel erbaut. Im Jahr 607 wurde das Kloster von Persern überfallen und komplett zerstört. 793 ließ es Mor Hananya, Bischof von Mardin und Kefrut, wieder aufbauen. Während seiner Blütezeit war das Kloster Fakultät und hatte eine umfassende Bibliothek. Unterdrückung und VerfolgungSpäter erlitt das Kloster Deir Zaferan ein ähnliches Schicksal wie viele weitere Klöster des Tur Abdin, der »Berg der Knechte« genannten Heimat der syrisch-orthodoxen Christen und eine der ältesten Stätten des christlichen Glaubens. Es kam zu Unterdrückung und Verfolgung. Mitte der 1970er![]() ![]() |
![]() ZahlenspieleBNeben dem Metropoliten, Bischof Filuxinus Saliba Özmen und seit 2003 Metropolit von Mardin, zwei Mönchen und einem Priester, Vater Gabriel Akkurt, leben und arbeiten nach Auskunft von letzterem im Kloster Deir Zararan 30 bis 35 Menschen. Das Kloster finanziere sich durch Spenden der Gemeinden (vor allem derer im Ausland)![]() Optische TäuschungBeim Rundgang durch das Kloster wird ein Gewölbekeller besichtigt, der von Vater Gabriel als älteste Gebetsstätte des Klosters bezeichnet wird. Es handle sich um einen »Tempel des Sonnengottes« aus der Zeit um 2000 v. Chr. Bemerkenswert ist die ausgefeilte Deckenarchitektur des Raumes: Die zwei Meter dicken Basaltblöcke wurden ohne Lehm und Mörtel derart arrangiert, dass der Eindruck entsteht, man stehe unter einer Flachdecke. Tatsächlich handelt es sich aber um einen in die Länge gezogenen Bogen, wie vom Eingang aus zu sehen ist.![]() Gruften und MosaikenKomplett neu gestaltet wurde im Laufe des Jahres 2006 der Eingangsbereich des Klosters mit Shop, Kasse und Treppenzugang zum Klostertor. Diese Maßnahmen wurden ebenso wie die zurzeit laufenden Restaurierungsarbeiten in dem bis 1260 als Medizinschule genutzen Raum – darauf deuten Schlangensymbole in![]() ![]() Namens-MythenAuf der Terrasse, die den Innenhof des Klosters umgibt, erklärt Vater Gabriel, welche Theorien es um den Namen des Klosters gibt. Ein Mythos besage, dass sich der Name von dem Gewürz Zafaran (Safran) ableite, dass rund um das Kloster reichlich gewachsen sei. Einer anderen Variante zufolge habe der damalige Patriarch tonnenweise Safran eingekauft und in den Mörtel mischen lassen, wodurch die gelbliche Farbe des Gemäuers herrühre.GAP-Projekt: HintergrundDas Südostanatolien-Projekt (GAP) »ist das größte und vielseitigste Entwicklungsprojekt der Türkei und eines der größten der Welt«, heißt es in einer Imagebroschüre des Tourismusministeriums. »Es umfasst außer Energie- und Bewässerungsprojekten auch die Bereiche Tourismus, Industrie, Verkehr, Erziehung« (zum Beispiel Internet für alle Grundschulen), »Bergbau, Gesundheit Erdöl und Kommunikation und damit in hohem Ausmaß soziale und wirtschaftliche Belange«. Im Rahmen des GAP-Projektes ist auch der mit Ilisu-Staudamm zu sehen, der den Tigris nahe der historischen Stadt Hasankeyf aufstauen wird. Die Bundesregierung hat trotz Kritik unter anderem von Umweltschützern Hermes-Exportgarantien gewährt. Es sollen mindestens 73 Dörfer durch den Staudamm überflutet werden, auch die Jahrtausende alten Kulturgüter des Welterbes Hasankeyf würden zerstört, heißt es zu dem Projekt auf den Internet-Seiten der Gesellschaft für bedrohte Völker (www.gfbv.de ).Gespräch mit dem MetropolitenZusammen mit einer deutschen Journalistengruppe und dem Kulturforum Türkei – Deutschland hatte die Redaktion der Globetrotter-Seiten die Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Metropoliten von Mardin. Die syrisch-orthodoxe Gemeinde zähle in der Provinz Mardin rund 60 bis 70 Gemeinden, zählt man Diyarbakir hinzu, seien es zirka 100, sagt Vater Gabriel, der die Wartezeit bis zum Eintreffen des Metropoliten mit freundlichem Schalk im Blick und allgemeinen Informationen überbrückt. In der Türkei, so erklärt Vater Gabriel weiter, gebe es vier Metropolitentümer (Bischofssitze): in Mardin/Diyarbakir, in Adiyaman, in Istanbul und in Ankara. Deren Oberhaupt, der Patriarch in Damaskus, sei zuständig für die Diözesen in Antiochia, Alexandria, Rom und Konstantinopel/Istanbul. Weltweit gebe es 30 Metropoliten/Bischöfe. Die Kirche von Antiochia sei die Wurzel des Christentums und habe sich im Laufe der Zeit wie ein Baum entwickelt (unterteilt). Die Vierteilung sei unnötig und falsch gewesen.![]() Viele Christen seien aus dem Tur Abdin ins Ausland gegangen. Die Hälfte der Kirchen stehe heute leer oder sei zerstört. Der Metropolit nennt Zahlen: Zurzeit würden in der Türkei 20.000 bis 25.000 Christen leben, die meisten in Istanbul. Viele von ihnen seien Migranten aus dem Tur Abdin und den Provinzen Mardin und Diyarbakir. Sehr viele Christen seien auch ins Ausland gegangen, etwa nach Europa oder Kanada, und würden dort versuchen, ihr kulturelles und ![]() »Heimweh für viele ein Problem«Viele der vertriebenen syrischen-orthodoxen Christen würden in den Tur Abdin zurückkehren, berichtet der Metropolit weiter: »Heimweh ist für viele ein Problem.« Eine der wichtigen Bedingungen sei die Sicherheit der Menschen. Die Rolle der Türkei innerhalb der EU sei wichtig für die Demokratie, sagt er und erhofft sich eine gute Zukunft für die Türkei und die EU. »Wir als syrische Kirche und Minderheit tun unser Bestes, um diesen Prozess zu unterstützen.« Aber durch die jüngsten Angriffe und Attacken (der Mord an Hrant Dink im Januar und das Attentat auf den christlichen Verlag wenige Tage vor dem Gespräch) seien die Menschen verängstigt. »Das ist schlecht für alle, nicht nur unsere Gemeinde«, betont Metropolit Özmen.![]() In Bezug auf die Menschenrechte sieht er eine positive Entwicklung. Es kämen Touristen und brächten Geld in die Region, führt er weiter aus. Deshalb sei es wichtig, sichere Plätze zu haben, »speziell für unsere Gemeinde«. Auf das Treffen der verschiedenen Repräsentanten der Religionen anlässlich des Papst-Besuchs in der Türkei angesprochen – an dem der Metropolit offiziell aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen konnte – sagt der der Metropolit, der Dialog sei gut und wichtig. Aber nach der Papst-Rede habe es bei vielen in der Türkei und im mittleren Osten "Missverständnisse" gegeben. Dies sei vielleicht der Grund für die Morde. »Wir zeigen Respekt«In einem Ausblick hofft der Metropolit, dass die Regierung sich auch für die Menschenrechte einsetze. Um Diversität in der Türkei wie in europäischen Ländern leben zu können, bedürfe es mehr Schritte für die Zukunft. Die Atatürk-Bilder im Raum erklärt der Metropolit mit diplomatischem Geschick. Es gebe im mittleren Osten Probleme, Gesetze zu etablieren. Es gebe sicher viele Vorteile, die Atatürk mit Republikgründung vorangetrieben habe – den Laizismus etwa. »Wir sind Türken, Teil der türkischen Republik und wir zeigen Respekt«, führt er weiter aus und ergänzt: Gesetze und Reformen müssten auch angewendet werden. Dann werde die Türkei zusammen mit Europa groß werden.![]() ![]() Informationen:Nähere Informationen über Mardin, das GAP-Projekt sowie die Situation der Christen im Tur Abdin gibt es im Internet zum Beispiel unter folgenden Adressen:![]() ![]() ![]() ![]() |
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